Bericht aus der Ems-Zeitung vom 11.04.2013:
Lathen. Gelbe Karte wegen Meckerns â diese Entscheidung gefĂ€llt dem Spieler gar nicht. Drohend blickt er in Richtung des FuĂball-Schiedsrichters, mit einem Klatschen schlĂ€gt er seine Faust auf die leere HandflĂ€che. âWir sehen uns nach dem Spielâ, zischt er dem Unparteiischen zu, dessen Hand im Begriff ist, die Gelbe Karte, Zeichen der Verwarnung, fĂŒr alle deutlich in die Höhe zu strecken.
Der Schiedsrichter hĂ€lt inne. Die Gelbe Karte wandert zurĂŒck in die Brusttasche, stattdessen zieht der Unparteiische seine schĂ€rfste Waffe im Kampf gegen unsportliches Verhalten: Rot. Platzverweis. Doch damit ist die unschöne Szene noch nicht vorbei. Nach dem Spiel, in der dritten Halbzeit, kann dem vom Platz Verwiesenen nichts mehr halten. âNach Abpfiff wollte der Spieler mir an den Kragen. Als ich in meiner Kabine war, hat er mehrfach gegen die abgeschlossene TĂŒr gehauenâ, so der Spielleiter Alexander Herbers.
Solche Szenen sind zwar eher die Ausnahme fĂŒr den Landesliga-Schiedsrichter vom SV Raspo Lathen. Trotzdem stand der 20-JĂ€hrige in seiner noch recht kurzen Schiedsrichter-Karriere bereits mehrfach unter Beschuss. Manchmal nicht nur mit Worten. Als Zuschauer mit den Entscheidungen des Schiedsrichters nicht zufrieden waren, ist er auch schon mal vom Ordnungsdienst vom Platz eskortiert worden. âEin Bierbecher flog direkt an meinem Kopf vorbei. Mein RĂŒcken war klitschnassâ, erinnert sich Herbers.
Es sind Szenen, wie sie sich an jedem Spieltag auf jedem Sportplatz in den FuĂball-Amateurklassen ereignen können. Beleidigungen, Drohungen und ĂŒberzogene Kritik vermiesen das Hobby und sind die HauptgrĂŒnde, warum ein Schiedsrichtermangel herrscht, sagt Kreisschiedsrichterobmann Michael HĂŒsing.
âDer Schiedsrichter wird als Maschine wahrgenommenâ, sagt Herbers. Fehler werden nicht akzeptiert. Gerade der Nachwuchs unter den Unparteiischen tut sich mit der immer wieder aufkommenden Kritik am FuĂballplatz schwer. ĂuĂerungen wie âBist du blindâ gehören mittlerweile zu den harmloseren VorwĂŒrfen. Im ersten Jahr hören 20 bis 30 Prozent der ausgebildeten Schiedsrichter deshalb bereits wieder auf, sagt HĂŒsing. Nach zehn Jahren sinkt sich die Zahl auf ein Drittel.
Aktuell sind im Emsland fast 500 Schiedsrichter im Einsatz, jedes Wochenende finden 250 bis 300 FuĂballspiele statt. Um bei jedem Spiel einen echten Unparteiischen pfeifen zu lassen, reiche die Anzahl nicht aus, so HĂŒsing. Denn nicht jeder Schiedsrichter will jedes Wochenende zum Einsatz kommen. Im Seniorenbereich gelinge es meistens noch, fĂŒr jedes Spiel einen Profi zu finden, sagt HĂŒsing. Doch im A- und B-Jugend-Bereich bestĂŒnden bereits erhebliche EngpĂ€sse. 200 zusĂ€tzliche Unparteiische wĂ€ren aktuell nötig, so HĂŒsing.
Tendenz steigend, da es zu wenig Nachwuchs gibt. Doch die Rolle des Unparteiischen hat auch ihre guten Seiten, weiĂ Herbers. âEs macht super viel SpaĂ, man lernt viele interessante und nette Leute kennen, darunter auch Freunde.â Die SchiedsrichtertĂ€tigkeit sei zudem gut fĂŒr die Persönlichkeit: Selbstsicherheit, Durchsetzungsvermögen, der Umgang mit Stresssituationen und das schnelle Treffen von Entscheidungen wĂŒrde man dabei lernen, so Herbers.
FĂŒr den Nachwuchs ist die SchiedsrichtertĂ€tigkeit auch eine Möglichkeit, das Taschengeld aufzubessern. Netter Nebeneffekt: Schiedsrichter haben freien Eintritt bei Bundesligaspielen. Schiedsrichter werden kann jeder ab 14 Jahren.